Barbara Rütti
Äbtissin der Zisterzienserinnenabtei Tänikon 1762–1773
* 12. April 1706 Wil SG
† 13. April 1774 Tänikon
Maria Barbara Rütti, auch Rüti, Rüthi, Reutti oder Reuti geschrieben, stammte aus der dem Kloster benachbarten Stadt Wil. Über ihre Familie ist nichts Näheres berichtet. Nach einem Ettenhauser Brief von 1648 lebte damals ein Hauptmann Joachim Reuthe, Rat und Spitalherr zu Wil. Ein Basilius Reutti von Wil, geb. 1646, war Abt in Wettingen (1694–1703). Die Priorin Alberika Rüthi in Tänikon wird ihre Schwester gewesen sein (geb. 1700, Profess 1722). 1770 trat Sebastiana Rüthi von Wil, geb. 6. Januar 1756, ebenfalls ins Kloster, in dem sie noch 1812 lebte. Jedenfalls war Maria Barbara Rütti nicht adeliger Herkunft wie die früheren Äbtissinnen.
Am 12. April 1706 in Wil geboren, kam sie als 17- oder 18-jährige Tochter ins Zistrzienserinnenkloster Tänikon, wo sie am 2. Juli 1726, also im Alter von 20 Jahren, die Profess ablegte. Später wurde sie Kornmeisterin und am 22. April 1762 vom Konvent zur Äbtissin gewählt. Die Wahl, die in aller Stille stattfand, leitete Abt Peter Kälin von Wettingen, der 1742 bis 1745 Pfarrer und Beichtiger in Tänikon gewesen war und fünf Wochen nach der Äbtissinnenwahl plötzlich starb (29. Mai). Die Wahlbestätigung durch das Generalkapitel folgte 1768.[1]
Beim Antritt ihrer Regierung war ihre mutmaßliche, um sechs Jahre ältere Schwester Alberika Rosa Priorin ihres Konvents. Unter ihrer Regierung wurde die Angelegenheit wegen des Tümelbaches endgültig entschieden 1772. 1763 schenkte sie einem Brandbeschädigten in Wängi 10 Gulden. Als am 19. Juli 1771 in Frauenfeld 68 Gebäude niederbrannten, sandte die Äbtissin 100 Gulden als Unterstützung (»Liebessteuer«) an die Betroffenen.
Barbara Rütti regierte in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit. Schon die 1760er Jahre glichen sich fast alle in ihrem regnerisch kühlen Charakter, der es oft nicht zu einer ordentlichen Wein- und mehrmals nur zu einer sehr geringen Getreideernte kommen ließ. Überschwemmungen (1762 und 1764) und Hagelwetter (1768) richteten großen Schaden an. Es folgten dann die Hungerjahre von 1769 bis 1771, die dem Kloster Scharen von Bedürftigen zuführten und das Faulfieber (wahrscheinlich Typhus) verursachten. Damals wurden die ersten Versuche mit der Kartoffelpflanzung gemacht. Kometen und Erdbeben (1771) erfüllten die Leute mit Furcht.
Maria Barbara Rütti fühlte sich im vorgerückten Alter ihrer schweren Aufgabe nicht mehr gewachsen, weshalb sie am 14. März 1773 resignierte. In stiller Zurückgezogenheit lebte sie noch 13 Monate im Kloster und starb am 13. April 1774.[2] Ihr Grab befindet sich im Chor der Kirche neben der ihrer Vorgängerin Dorothea Ceberg.
gge, Dez. 2024 (nach Nater)
- ↑ s. Canivez, Joseph-Marie: Statuta Capitulorum Generalium Ordinis Cisterciensis ab anno 1116 ad annum 1786, Band 7 (Ab anno 1546 ad annum 1786), S. 769. Nr. 104.
- ↑ Laut Helvetia Sacra starb sie noch am Tag ihrer Resignation. Das klingt unwahrscheinlich, denn dann hätte sie nicht resignieren müssen/können.
Daten:
Prof.: 2. Juli 1726; Abbatissa: el. 22. April 1762, res. 14. März 1773.Literatur:
Meyer-Marthaler, Elisabeth: Tänikon, Zisterzienserinnen, in: Helvetia Sacra III/3, Zweiter Teil. Bern: Francke, 1982, S. 917–950 · Rahn, Johann Rudolf; Nater, Johann: Das ehemalige Frauenkloster Tänikon im Thurgau. Buchdruckerei Berichthaus, 1906, S. 229 · Zehnder, Herbert: Tänikon. Gerichtsstätte – Zisterzienser Frauenkloster – Gerichtsherrschaft – Kirchgemeinde – Forschungsanstalt, Tänikon 1992.Vorlage:Page.name: RÜTTI, Barbara OCist – Biographia Cisterciensis