Hermann Josef Roth
Zisterzienser des Priorates Langwaden (de jure), lebt als Gast im Erzbistum Köln; Studiendirektor i.R.; Redakteur der Cistercienser Chronik 1973–2013
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Hermann Josef Roth, Ordensname Antonius, Sohn des Landrates Heinrich Roth und seiner Ehefrau Gertrud geb. Ebert, trat nach dem altsprachlichen Abitur in Montabaur 1957 als Novize in die Zisterzienserabtei Marienstatt ein und legte am 20. August 1958 die Profess ab. Das Studium der Philosophie und Theologie absolvierte er anfangs in Marienstatt und Himmerod, dann von 1960 bis zum Abschluss an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Heiligenkreuz und wurde am 27. August 1963 im Dom zu Frankfurt/Main zum Priester geweiht. Nach Ableisten des damals vorgeschriebenen „Pastoraljahres“ bei den Dominikanern in Köln wurde er 1964 am Gymnasium Marienstatt als Lehrer für Religion, Biologie und Deutsch eingesetzt. Daneben war er aushilfsweise in der Pfarr- und Jugendseelsorge tätig.
Seit 1966 studierte er Naturwissenschaften (Botanik, Chemie, Physik, Zoologie) an den Universitäten Bonn, Kiel und Köln. Nach dem Staatsexamen (1970) unterrichtete er ein Jahr am Freiherr-von-Stein-Gymnasium in Rösrath (NRW) und trat dann den Referendardienst des Landes NRW am Städtischen Gymnasium in Köln-Kalk an, wo er nach der Zweiten Staatsprüfung (1972) bis zur Pensionierung (2002) als Studiendirektor eine Planstelle versah. Zuletzt war er auch als Fachmoderator für die Bezirksregierung Köln tätig.
Ehrenamtlich war er von 1970 bis 1982 Spiritual am Altenheim „St. Josefshaus“ der Pallottinerinnen in Bensberg-Refrath. Als kompetenter und rhetorisch versierter Prediger wird er seitdem zu Festtagen, Exerzitien, Seminaren und Vortragsveranstaltungen eingeladen. Zugleich Theologe und Naturwissenschaftler erwartete man von ihm fachübergreifende Antworten. Zusätzlich erschloss ihm sein Engagement in Denkmalpflege, Natur- und Landschaftsschutz Leser- und Hörerkreise weit über den kirchlichen Bereich hinaus.
Er wechselte 1993 die Stabilität auf Osek-Langwaden. Von 1973 bis 2013 betreute er im Auftrag der Abtei Mehrerau mit kurzer Unterbrechung die Redaktion der Zeitschrift „Cistercienser- Chronik“. Er hat sich dabei nicht nur als Ordenshistoriker einen Namen gemacht, sondern Mönchtum und Klosterwesen unter neuartigen Aspekten beleuchtet. Schon mit seinem erstes Buch „Abtei Marienstatt. Ein Führer zur Architektur und Kunst“ (1966) hatte er nach dem Urteil der Fachpresse „etwas grundlegend Neues geschaffen“ (Prof. Dr. W.-H. Struck, in: Nass. Annalen 79, 1968, S. 449; Wiesbaden). In der Folge hat er vor allem bisher vernachlässigte Bereiche der materiellen Klosterkultur (z. B. Naturwissenschaften, Technik, Medizin, Pharmazie) bearbeitet. Mit seiner Analyse der „Pflanzen in der Bauplastik des Altenberger Domes. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte und zur mittelalterlichen Botanik (1976) „ist eine glänzende Dokumentation der Altenberger Kapitell- und Bauplastik gelungen, dazu eine vorbildliche wissenschaftliche Deutung“. (Prof. Dr. Dr. Günther Binding, Universität Köln, am 15. 12. 1976)
Besonders verdient gemacht hat er sich um Zisterzienser als Naturforscher. Paolo Boccone, Botaniker in Palermo, und Dominik Bilimek, Heiligenkreuz-Neukloster, Direktor der kaiserlichen Naturalienkabinetts auf Chapultepec in México und in Schloss Miramare bei Triest, führte er überhaupt erst in die Ordensgeschichtsschreibung ein. „In sehr verdienstvoller Weise hat [Roth] ... darauf hingewiesen, dass Juan Caramuel y Lobkowitz, ... 'einer der originellsten Zisterzienser seiner Zeit', sich eingehend mit der Mathematik befasst hat und deshalb gebührend beachtet werden sollte.“ (Prof. Dr. Robert Ineichen, in: Bull. Soc. Frib. Sc. Nat. 87, 1998, S. 44) Nicht zuletzt war er bemüht, der exklusiven Beschlagnahme des großen Denkers Alanus ab insulis (Alain de Lille, † 1202 Cîteaux) durch die Anthroposophie ein Gegengewicht zu setzen.
Die Zisterzienser betrachtete er nie isoliert, sondern stellte sie in den Zusammenhang der monastischen Reformen des 11./12. Jahrhunderts. Dabei widmete er den Kartäusern eigene Studien und begründete die internationalen Kartäuser-Kongresse, die seit dem ersten Kolloquium in der ehemaligen Kölner Kartause (20./21. 10. im 1979) alljährlich an wechselnden Orten stattfinden.
Roth lieferte wesentliche Impulse zu bedeutenden Ausstellungen und war maßgeblich an deren Ausrichtung beteiligt, u. a.: "Die Zisterzienser. Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit" (Aachen 1980), "Männerbande - Männerbünde. Zur Rolle des Mannes im Kulturvergleich" (Rautenstrauch-Joest-Museum Köln 1990), "Die Kölner Kartause um 1500" (Stadtmuseum Köln 1991), "900 Jahre Cîteaux - Rheinische Zisterzienser im Spiegel der Buchkunst" (Landesmuseum Mainz 1998/99), „Der Dom treibt Blüten“ (Domforum, Kath. Bildungswerk d. Erzdiözese Köln, Mai 1998; FLORA/Botanischer Garten Köln: Juli-Okt. 1998).
Roth wurde in zahlreiche Funktionen und Gremien berufen oder gewählt: Historischen Kommission für Nassau (Hessisches Hauptstaatarchiv Wiesbaden), Kuratorium der Nordrhein-Westfalen-Stiftung, Düsseldorf, Vorstand des Archivs, Forums und Museums zur Geschichte des Naturschutzes, Königswinter. Seit 1975 war er ständig Beirat bei Unteren und Oberen Landschaftsbehörden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, zuletzt im „Beirat bei der Obersten Landschaftsbehörde des Landes NRW“ in Düsseldorf (1993–1998).
Hermann Josef Roth ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie (DGGTB) und freier Mitarbeiter der Arbeitsgruppe „Klostermedizin“ an der Universität Würzburg sowie beim Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover. Seit 2018 ist er Ehrenmitglied des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens (NHV, gegr. 1843) in Bonn.
Aus Anlass seines 82. Geburtstags wurde eine Erdorchidee aus dem Nationalpark Nyungwe in Ruanda ihm zu Ehren Habenaria hermannjosef-rothii benannt.[1]
Jürgen Eberle †, Ralph Lützelschwab, Dez. 2019
- ↑ Die Orchidee. Journal der Deutschen Orchideen-Gesellschaft zur Förderung der Orchideenkunde ─ Volume 6 (03) 2020, ISSN-Internet 2366-0643.}}
Daten:
Vest.: 19. Aug. 1957; Prof.: 20. Aug. 1958, 20. April 1963; Sac.: 27. Aug. 1963.Werke:
siehe /Bibliographie.Literatur:
Baum, Herbert: Vater und Sohn - Gedächtnis und Dank, in: Cistercienser Chronik 125, 3, 2018, S. 588-592, 4 Abb. ISSN 0379-8291 · Eberle, Jürgen: „Im Bergischen Land kennt er die Pflanzen wie seine Westentasche“, in: Rheinisch-Bergischer Kalender 2010. Jahrbuch für das Bergische Land, 80, 2010. S. 194-200, 4 Abb. ISSN 978-3-87314 -444-6 & 0722-7671 · Großmann, Anton: P. Dr. Hermann Josef Roth zum 60. Geburtstag, in: Verlag und Buchantiquariat St. Meinrad, [Katalog] Nr. 40: Benediktiner, Cistercienser, Kartäuser. Sinzig (1998) · Hucke, Hermann-Josef: 60 Jahre im Dienst der Wanderbewegung: Dr. Hermann Josef Roth, in: EifelJahrbuch 2018, S. 18–24, 4 Abb. ISBN 978-3-944620-26-8 · Kremer, Bruno P., in: Rhein. Heimatpflege 35, 2, 1998, S. 154-155; ders. ebd. 45, 1, 2008, S. 77.Vorlage:Page.name: ROTH, Hermann-Josef OCist – Biographia Cisterciensis