Gullini, Pia: Unterschied zwischen den Versionen

Zeile 19: Zeile 19:
 
Obwohl sie sich anfangs zu einer karitativ tätigen Kongregation hingezogen fühlte, trat sie, beeinflusst durch den Generalprokurator der Zisterzienser der strengeren Observanz, [[Sauvage, Norbert|Norbert Sauvage]], den sie in Rom kennengelernt hatte, am 28. Juni 1917 in die Trappistinnenabtei [[Laval]] in Frankreich ein. Am 29. September 1917 wurde sie als Novizin eingekleidet und erhielt den Ordensnamen Pia nach Papst Pius X., der ihr als Patriarch in Venedig die erste hl. Kommunion gegeben hatte. Am 16. Juli 1919 legte sie die einfachen Gelübde ab, am selben Tag drei Jahre später die feierliche Profess. 1923 wurde sie von Äbtissin [[Hémery, Lutgarde|Lutgarde  Hémery]] (reg. 1900–1944) zur Konversenmagisterin bestellt.
 
Obwohl sie sich anfangs zu einer karitativ tätigen Kongregation hingezogen fühlte, trat sie, beeinflusst durch den Generalprokurator der Zisterzienser der strengeren Observanz, [[Sauvage, Norbert|Norbert Sauvage]], den sie in Rom kennengelernt hatte, am 28. Juni 1917 in die Trappistinnenabtei [[Laval]] in Frankreich ein. Am 29. September 1917 wurde sie als Novizin eingekleidet und erhielt den Ordensnamen Pia nach Papst Pius X., der ihr als Patriarch in Venedig die erste hl. Kommunion gegeben hatte. Am 16. Juli 1919 legte sie die einfachen Gelübde ab, am selben Tag drei Jahre später die feierliche Profess. 1923 wurde sie von Äbtissin [[Hémery, Lutgarde|Lutgarde  Hémery]] (reg. 1900–1944) zur Konversenmagisterin bestellt.
  
Nachdem schon Anfang 1923 Äbtissin [[Scandelli, Agnese|Agnese Scandelli]] um Unterstützung für ihre notleidendes Kloster [[Grottaferrata]] in Rom gebeten hatte, wurde die Italienerin Pia Gullini im November 1926 dorthin abgeordnet. Die ungewohnte und schwierige Situation dort führte bei ihr 1928 zu einer Glaubenskrise und einem körperlichen Zusammenbruch. Nach einer chirurgischen Operation und einem Erholungsaufenthalt bei ihrer Familie besserte sich die Lage. Sie wurde zur Subpriorin bestellt und nach dem Rücktritt der von Alter und Krankheit beeinträchtigten Äbtissin Scandelli durch päpstliche Entscheidung, vermittelt durch ein Dekret des Bischofs von Frascati, Kardinal Michele Lega, mit Datum 30. Dezember 1931 zur Äbtissin des reformbedürftigen Klosters ernannt. Eine reguläre Wahl war wegen der großen Treue der Chorfrauen zu ihrer alten Äbtissin nicht möglich. Dass M. Pia trotzdem die richtige Wahl war und die mehrheitliche Zuneigung ihres Konvents gewinnen konnte, zeigt sich darin, dass sie 1935 und 1938 durch Wahl im Amt bestätigt wurde.
+
Nachdem schon Anfang 1923 Äbtissin [[Scandelli, Agnese|Agnese Scandelli]] um Unterstützung für ihre notleidendes Kloster [[Grottaferrata]] in Rom gebeten hatte, wurde die Italienerin Pia Gullini im November 1926 dorthin abgeordnet. Die ungewohnte und schwierige Situation dort führte bei ihr 1928 zu einer Glaubenskrise und einem körperlichen Zusammenbruch. Nach einer chirurgischen Operation und einem Erholungsaufenthalt bei ihrer Familie besserte sich die Lage. Sie wurde zur Subpriorin bestellt und nach dem Rücktritt der von Alter und Krankheit beeinträchtigten Äbtissin Scandelli durch päpstliche Entscheidung, vermittelt durch ein Dekret des Bischofs von Frascati, Kardinal Michele Lega, mit Datum 30. Dezember 1931 zur Äbtissin des reformbedürftigen Klosters ernannt. Eine reguläre Wahl war wegen der großen Treue der Chorfrauen zu ihrer alten Äbtissin nicht möglich. Dass M. Pia trotzdem die richtige Wahl war und das mehrheitliche Vertrauen ihres Konvents gewinnen konnte, zeigt sich darin, dass sie 1935 und 1938 durch Wahl im Amt bestätigt wurde.
  
Die Abtei Grottaferrata war damals in schwieriger Lage. Obwohl – wie es heißt – die Wände vom Gebet getränkt waren, lebten die Nonnen und Schwestern eher wie eine Franziskanerinnen- als eine Zisterzienserinnengemeinschaft, d.h. in großer Armut. Da die Landwirtschaft nur 2,5 Hektar groß war und nicht viel abwarf, mussten die monatlichen Brotrechnungen häufig von der Familie Gullini bezahlt werden. Das Gebäude an sich war ungeeignet, die Zahl der Chorschwestern gering: viele starben an Infektionskrankheiten, u.a. 1939 die 1983 seliggesprochene [[Sagheddu, Maria-Gabriella|Maria-Gabriella  Sagheddu]]. Später verschärften noch die Nachwwirkungen des Zweiten Weltkriegs die Situation. Im Dezember 1940, vor dem Ende ihres dritten Trienniums, wurde Mutter Pia zum Rücktritt gezwungen und durch die Novizenmeisterin [[Fontana, Tecla|Tecla Fontana]] ersetzt, die ihr die Leitung des Noviziats übertrug.
+
Die Abtei Grottaferrata war damals in schwieriger Lage. Obwohl – wie es heißt – die Wände vom Gebet getränkt waren, lebten die Nonnen und Schwestern eher wie eine Franziskanerinnen- als eine Zisterzienserinnengemeinschaft, d.h. in großer Armut. Da die Landwirtschaft nur 2,5 Hektar groß war und nicht viel abwarf, mussten die monatlichen Brotrechnungen häufig von der Familie Gullini bezahlt werden. Das Gebäude an sich war ungeeignet, die Zahl der Chorschwestern gering: viele starben an Infektionskrankheiten, u.a. 1939 die 1983 seliggesprochene [[Sagheddu, Maria-Gabriella|Maria-Gabriella  Sagheddu]]. Später verschärften noch die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs die Situation. Im Dezember 1940, vor dem Ende ihres dritten Trienniums, wurde Mutter Pia zum Rücktritt gezwungen und durch die Novizenmeisterin [[Fontana, Tecla|Tecla Fontana]] ersetzt, die ihr die Leitung des Noviziats übertrug. Sechs Jahre später, 1946, wurde sie erneut zur Äbtissin gewählt und 1949 fast einstimmig im ersten Wahlgang bestätigt. In diesen Jahren behielt sie auch die Leitung des Noviziats.
 +
 
 +
Da die Widerstände einer Minderheit im Konvent noch immer nicht überwunden waren, brach 1951, vor dem Ende ihres Trienniums, eine lange schwelende Krise aus. Am 19. April 1951 erklärten der Pater immediat von [[Fratocchie]] und der Abt von [[Mont-des-Cats]] dem überraschten Konvent den Rücktritt der Äbtissin „aus bestimmeten Gründen“. Die Leitung des Konvents wurde Tecla Fontana als kommissarischer Oberer übertragen. Äbtissin Gullini, die das Kloster bereits verlassen hatte und bei den Ursulinen in Rom auf ihren Pass wartete, ging ins Exil in die Abtei [[Fille-Dieu]] im Schweizer Kanton Fribourg, wo sie die nächsten acht Jahre lebte. Die ersten zwei Jahre war es ihr nicht gestattet, italienischen Boden zu betreten.
 +
 
 +
Nachdem 1958 Äbtissin [[Tiraboschi, Immacolata|Immacolata Tiraboschi]], die die Verlegung der Abtei Grottaferrata nach [[Vitorchiano]] geleitet hatte, zurückgetreten war, rief der Pater immediat M. Pia 1959 zur Äbtissinnenwahl nach Vitorchiano zurück. Sie reiste auch dorthin, stand aber schon an der Schwelle des Todes. Nachdem ihr Bruder Luigi Gullini, der Arzt, sie in ein Krankemhaus in Rom eingewiesen hatte, wurde dort Krebs im Endstadium diagnostiziert, an dessen Folgen sie am 29. April 1959 bei den Bethlehemitinnen in Rom starb. Sie wurde als erste Schwester auf dem neuen Klosterfriedhof in Vitorchaino begraben.
  
 
{{autor|gge, Mai 2018}}  
 
{{autor|gge, Mai 2018}}  
Zeile 28: Zeile 32:
 
{{sub2|TITLE=D|DATA=''Vest.:'' 29. Sep. 1917; ''Prof.:'' 16. Juli 1919, 16. Juli 1922; ''Äbstissin: nom. 30. Dez 1931.}}
 
{{sub2|TITLE=D|DATA=''Vest.:'' 29. Sep. 1917; ''Prof.:'' 16. Juli 1919, 16. Juli 1922; ''Äbstissin: nom. 30. Dez 1931.}}
  
{{sub2|TITLE=L|DATA=Maria A[ugusta] Tescari: ''Madre Pia Gullini. Una grande badessa del XX secolo.'' Elledici/Velar, 2009.}}
+
{{sub2|TITLE=L|DATA=Maria A[ugusta] Tescari: ''Madre Pia Gullini. Una grande badessa del XX secolo.'' Elledici/Velar, 2009 · Dies.: Une grande abbesse au XXe siècle : Mère Pia Gullini, in: Liens Cistercien 17 (2009), S. 14–25; 18 (2010), S. 16–23; 19 (2010), S. 13–18.}}
  
 
[[Kategorie:Personen]]
 
[[Kategorie:Personen]]

Version vom 5. Mai 2018, 14:01 Uhr

Pia Gullini OCSO

Pia Gullini OCSO

Äbtissin des Klosters Grottaferrata/Vitorchiano 1931–1940 und 1946–1951

* 16. Aug. 1892 Verona
† 29. April 1959 Rom

Pia Gullini, Taufname Maria, wurde 1892 als Tochter einer wohlhabenden Bologneser Familie in Verona geboren, wo der Vater, Arrigo Gullini, ein Eisenbahningenieur und -direktor, beruflich tätig war. Sie hatte drei Brüder: einer starb als Kind, einer wurde Arzt, einer Chemiker. Später ließ sich die Familie in Rom nieder, wahrscheinlich wegen des Universitätsstudiums der Kinder.

Eine standesgemäße Erziehung und Schulbildung erhielt sie im Inernat der Sacré-Cœur-Schwestern in Venedig, wo sie auch die französische Sprache lernte (und privat mit ihrem Vater auch Englisch und Deutsch). Ihre Sommerferien verbrachte sie in der elterlichen Villa bei Bologna oder in Montenegro. Häufig begleitete sie in Vertretung der sehr religiösen Mutter, Celsa Rossi, ihren Vater zu gesellschaftlichen Anlässen und war Patin bei der Eröffnung von Eisenbahnverbindungen. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs absolvierte sie eine Krankenpflegeausbildung.

Obwohl sie sich anfangs zu einer karitativ tätigen Kongregation hingezogen fühlte, trat sie, beeinflusst durch den Generalprokurator der Zisterzienser der strengeren Observanz, Norbert Sauvage, den sie in Rom kennengelernt hatte, am 28. Juni 1917 in die Trappistinnenabtei Laval in Frankreich ein. Am 29. September 1917 wurde sie als Novizin eingekleidet und erhielt den Ordensnamen Pia nach Papst Pius X., der ihr als Patriarch in Venedig die erste hl. Kommunion gegeben hatte. Am 16. Juli 1919 legte sie die einfachen Gelübde ab, am selben Tag drei Jahre später die feierliche Profess. 1923 wurde sie von Äbtissin Lutgarde Hémery (reg. 1900–1944) zur Konversenmagisterin bestellt.

Nachdem schon Anfang 1923 Äbtissin Agnese Scandelli um Unterstützung für ihre notleidendes Kloster Grottaferrata in Rom gebeten hatte, wurde die Italienerin Pia Gullini im November 1926 dorthin abgeordnet. Die ungewohnte und schwierige Situation dort führte bei ihr 1928 zu einer Glaubenskrise und einem körperlichen Zusammenbruch. Nach einer chirurgischen Operation und einem Erholungsaufenthalt bei ihrer Familie besserte sich die Lage. Sie wurde zur Subpriorin bestellt und nach dem Rücktritt der von Alter und Krankheit beeinträchtigten Äbtissin Scandelli durch päpstliche Entscheidung, vermittelt durch ein Dekret des Bischofs von Frascati, Kardinal Michele Lega, mit Datum 30. Dezember 1931 zur Äbtissin des reformbedürftigen Klosters ernannt. Eine reguläre Wahl war wegen der großen Treue der Chorfrauen zu ihrer alten Äbtissin nicht möglich. Dass M. Pia trotzdem die richtige Wahl war und das mehrheitliche Vertrauen ihres Konvents gewinnen konnte, zeigt sich darin, dass sie 1935 und 1938 durch Wahl im Amt bestätigt wurde.

Die Abtei Grottaferrata war damals in schwieriger Lage. Obwohl – wie es heißt – die Wände vom Gebet getränkt waren, lebten die Nonnen und Schwestern eher wie eine Franziskanerinnen- als eine Zisterzienserinnengemeinschaft, d.h. in großer Armut. Da die Landwirtschaft nur 2,5 Hektar groß war und nicht viel abwarf, mussten die monatlichen Brotrechnungen häufig von der Familie Gullini bezahlt werden. Das Gebäude an sich war ungeeignet, die Zahl der Chorschwestern gering: viele starben an Infektionskrankheiten, u.a. 1939 die 1983 seliggesprochene Maria-Gabriella Sagheddu. Später verschärften noch die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs die Situation. Im Dezember 1940, vor dem Ende ihres dritten Trienniums, wurde Mutter Pia zum Rücktritt gezwungen und durch die Novizenmeisterin Tecla Fontana ersetzt, die ihr die Leitung des Noviziats übertrug. Sechs Jahre später, 1946, wurde sie erneut zur Äbtissin gewählt und 1949 fast einstimmig im ersten Wahlgang bestätigt. In diesen Jahren behielt sie auch die Leitung des Noviziats.

Da die Widerstände einer Minderheit im Konvent noch immer nicht überwunden waren, brach 1951, vor dem Ende ihres Trienniums, eine lange schwelende Krise aus. Am 19. April 1951 erklärten der Pater immediat von Fratocchie und der Abt von Mont-des-Cats dem überraschten Konvent den Rücktritt der Äbtissin „aus bestimmeten Gründen“. Die Leitung des Konvents wurde Tecla Fontana als kommissarischer Oberer übertragen. Äbtissin Gullini, die das Kloster bereits verlassen hatte und bei den Ursulinen in Rom auf ihren Pass wartete, ging ins Exil in die Abtei Fille-Dieu im Schweizer Kanton Fribourg, wo sie die nächsten acht Jahre lebte. Die ersten zwei Jahre war es ihr nicht gestattet, italienischen Boden zu betreten.

Nachdem 1958 Äbtissin Immacolata Tiraboschi, die die Verlegung der Abtei Grottaferrata nach Vitorchiano geleitet hatte, zurückgetreten war, rief der Pater immediat M. Pia 1959 zur Äbtissinnenwahl nach Vitorchiano zurück. Sie reiste auch dorthin, stand aber schon an der Schwelle des Todes. Nachdem ihr Bruder Luigi Gullini, der Arzt, sie in ein Krankemhaus in Rom eingewiesen hatte, wurde dort Krebs im Endstadium diagnostiziert, an dessen Folgen sie am 29. April 1959 bei den Bethlehemitinnen in Rom starb. Sie wurde als erste Schwester auf dem neuen Klosterfriedhof in Vitorchaino begraben.

gge, Mai 2018


D:

Vest.: 29. Sep. 1917; Prof.: 16. Juli 1919, 16. Juli 1922; Äbstissin: nom. 30. Dez 1931.

L:

Maria A[ugusta] Tescari: Madre Pia Gullini. Una grande badessa del XX secolo. Elledici/Velar, 2009 · Dies.: Une grande abbesse au XXe siècle : Mère Pia Gullini, in: Liens Cistercien 17 (2009), S. 14–25; 18 (2010), S. 16–23; 19 (2010), S. 13–18.

Zitierempfehlung: Gullini, Pia, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 5.05.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Gullini,_Pia

Vorlage:Page.name: GULLINI, Pia OCSO (1892–1959) – Biographia Cisterciensis