Placide Desellis
25. und letzter Abt der Zisterzienserabtei Nizelles 1771–1782
* 1725 oder 1727 Charleroi
† 22. Nov. 1782 Nizelles, Braine-l’Alleud
Placide Desellis (de Sellys), Taufname Pierre Joseph, wurde – lt. Monasticon Belge am 30. August 1725 – als Sohn des Adam de Sellys und der Anna Maria Balieuc in Charleroi (Entre-ville) geboren und – lt. Van Spilbeeck am 20. August 1727 – ebenda getauft.[1] Am 23. August 1744 legte er die Profess in der Zisterzienserabtei Villers ab und wurde am 29. September 1749 zum Priester geweiht. Er war Bakkaleureus der Theologie der Universität Löwen und sechs Jahre Lektor in Villers. Drei Jahre war er Prokurator der Abtei, bis er im Februar 1764 als Beichtvater (Direktor) in die Zisterzienserinnenabtei Argenton bei Gembloux versetzt wurde.
Nach dem Tod des Abtes Antoine Ghiselin (reg. 1765–1770) von Nizelles in Brabant wurden der Kanzler Joseph Crumpipen und der Prälat von Villers, Robert de Bavay, von der Regierung delegiert, den Vorsitz bei der Wahl eines neuen Abtes zu übernehmen. Die Wahl fand am 16. März 1770 statt, brachte aber kein Ergebnis; die Stimmen waren weit verstreut, der einzige geeignete Kandidat schon 73 Jahre alt. Es wurde deshalb entschieden, einen Abt aus einem anderen Ordenshaus zu ernennen. Die Wahl fiel auf Placide Desellis, der schon bei der Wahl 1765 in der engeren Wahl gewesen war. Kaiserin Maria Theresia bestätigte diese Wahl mit Schreiben vom 14. August 1771 und der Generalgouverneur der Niederlande, Herzog Karl von Lothringen, ernannte ihn am 4. September desselben Jahres. Am 9. September 1771 erhielt Desellis das kaiserliche Patent. Der Vaterabt Bruno Vallez von Moulins bestätigte ihn am 15. Oktober, Generalabt François Trouvé von Cîteaux am 15. November und Abt Robert de Bavay als Generalvikar des Ordens benedizierte ihn am 1. Dezember 1771.
Die Religiosen von Nizelles empfingen ihren neuen Abt, dem bei seiner Ernennung verschiedene ökonomische Regeln vorgeschrieben worden waren, mit offenen Armen. Der übernahm die Abtei in sehr schlechten Zustand; die Abteigüter waren von seinem (deswegen suspendierten) Vorgänger schlecht verwaltet worden, die Gebäude drohten aufgrund mangelnder Instandhaltung zu verfallen. Desellis’ erste Aufgabe war daher, die desolate Finanzlage zu verbessern, Steuererleichterungen und -erstattungen zu erwirken und die Gebäude instandzusetzen. Dabei konzentrierte er seine Aufmerksamkeit besonders auf die Kirche und ließ Altar, Holzarbeiten, Orgel, Kerzenständer und die Reliquiare erneuern. 1772 ließ er von dem Landvermesser Fastré die Grundstücke vermessen und kartographieren. Er selbst erstellte – wie er es in Argenton schon getan hatte – eine Abteichronik seit der Gründung 1439. Die hohe Verschuldung bekam er jedoch nicht in den Griff. Große Summen kosteten u.a. seine Bemühungen, in Rom die Genehmigung zum Gebrauch der Pontifikalien zu erlangen, die durch päpstliche Bulle vom 23. Mai 1773 und einem Placet der Brüsseler Regierung vom 11. August gewährt wurde. Um die Abteigüter verpfänden zu können, schreckte Desellis auch nicht vor Urkundenfälschungen zurück. Seine Baumaßnahmen scheinen nicht von hoher Qualität gewesen zu sein, denn der staatliche Verwalter Henry Baugniet, der 1784 die Abtei übernahm, befand die Gebäude in sehr schlechtem Zustand und schlug vor, sie in zwei Bauernhöfe umzuwandeln (was auch geschah).
Abt Desellis starb am 22. November 1782, nach elfjähriger Regierungszeit, in Nizelles und wurde auch dort begraben. Von bleibendem Wert sind seine Chronik von Nizelles, die 1910 von Fernard Lefèvre herausgegeben wurde, und die bisher unedierte Chronik von Argenton. Kaiser Joseph II. genehmigte keine Abtwahl mehr, sondern löste mit Dekret vom 17. März 1783 die ’unnützen’ Klöster auf; am 19. April 1784 hörte Nizelles auf zu existieren. Ein Versuch einiger Religiosen unter der Führung des Prokurators Placide De Doncker, nach Kaiser Josephs Tod 1790 ihr Kloster wiederzugewinnen, blieb ohne Erfolg. 1794 wurde Nizelles von der Revolutionsregierung endgültig aufgelöst und als Nationaleigentum verkauft.
gge, Dez. 2018
- ↑ Die Daten werden in verschiedenen Publikationen sehr unterschiedlich angegeben. Das Monasticon Belge nennt als Geburtsdatum den 30. August 1725, das Necrologium den 28. August 1725. Van Spilbeeck zitiert den Taufeintrag Vigesima Augusti l727 baptisatus est Petrus Joseph, filius legitimus Adami) de Sellys et Annae Mariæ Balieuc, conjugum (Etat civil de Charleroi. Reg. paroissiaux, section de l’Entre-deux-villes) (D. 53), nennt im Fließtext aber auch das Jahr 1725. Der Nekrolog nennt als Tag der Priesterweihe den 20. September 1749, das Monasticon Belge den 29. September (vielleicht der Unterschied zwischen dem Weihetag und der Primiz?).
Daten:
Prof.: 23. Aug. 1744; Sac.: 29. Sep. 1749; Abbas: ben. 1. Dez. 1771.Werke:
Lefèvre, F[ernand]: Annales de l’abbaye de Nizelle depuis sa fondation en 1439, recueillis [sic] par Dom Placide de Sellis, 25e abbé de Nizelles, et mis en ordre par le même en 1779, in: Bijdragen tot geschiedenis, bijzonderlijk van het aloude Hertogdom Brabant, Band IX, Anvers, 1910, S. 81–98, 415–432 und 513–530.Literatur:
Nécrologe de l’Abbaye de Villers. in: Analectes pour servir à l’histoire ecclésiastique de la Belgique 9 (1872), S. 51ff. · Van Spilbeeck, Ignace: Célébrités carolorégiennes, in: Bulletin Académie royale d’archéologie de Belgique (BAAB), Antwerpen 1898–1901, S. 532–545 · Monasticon belge. Centre national de recherches d'histoire religeuse, 1968 · Gillis, Martine: Brève histoire de l’abbaye cistercienne de Nizelles, in: Revue d’histoire religieuse du Brabant wallon, Band 4, Heft 3, 1990, S. 131–159.Vorlage:Page.name: DESELLIS, Placide OCist (1725/27–1782) – Biographia Cisterciensis