Hartmann, Ferdinand: Unterschied zwischen den Versionen

 
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Ferdinand Hartmann wurde 1654 in Mehlem geboren. Sein Vater Johannes Hartmann starb am 19. Oktober 1673 in Mehlem, seine Mutter Catharina geb. Broich starb am 30. März 1700. 1674 legte Hartmann die Profess ab und wurde 1677 zum Priester geweiht. Danach war er nacheinander Sakristan, Novizenmeister, Küchenmeister, Prior und Kellermeister. Am 10. September 1704 zum Abt gewählt, begann er schon bald mit tiefgreifenden Reformen der von den Verheerungen und Plünderungen der Kriege Ludwigs XIV. (Belagerung Bonns 1673, 1689 und 1703) sehr in Mitleidenschaft gezogenen Abtei.
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Ferdinand Hartmann wurde 1654 in Mehlem geboren. Sein Vater Johannes Hartmann starb am 19. Oktober 1673 in Mehlem, seine Mutter Catharina geb. Broich starb am 30. März 1700. Das Memorienbuch nennt eine Schwester des Abtes, Anna Maria Reykers geb. Hartmann, die am 23. März 1720 in Köln gestorben ist. 1674 legte Hartmann unter Abt [[Broichhausen, Gottfried|Gottfried Broichhausen]] in der Zisterzienserabtei [[Heisterbach]] die Profess ab und wurde 1677 zum Priester geweiht. Danach war er nacheinander Sakristan, Novizenmeister, Küchenmeister, Prior und Kellermeister. Am 10. September 1704 zum Abt gewählt und unter Assistenz des [[Marienstatt]]er Abtes [[Bach, Benedikt|Benedikt Bach]] benediziert, begann er schon bald mit tiefgreifenden Reformen der von den Verheerungen und Plünderungen der Kriege Ludwigs XIV. (Belagerung Bonns 1673, 1689 und 1703) sehr in Mitleidenschaft gezogenen Abtei.
  
Hartmanns 1708 eingeführte Reform ließ alle Fäden des klösterlichen Betriebes in der Hand des Abtes zusammenlaufen. Sie umfasste strengere Regeln für den Verkehr der Mönche mit der Außenwelt, die Erziehung und das Studium der Novizen, die Krankenfürsorge u.a. Obwohl die Mönche beim Generalkapitel und sogar beim Hl. Stuhl in Rom Hartmanns Absetzung betrieben, setzte dieser sein Vorhaben schließlich durch und erreichte 1710, nachdem sich die Kongregation der Bischöfe mit der Angelegenheit befasst hatte, dass die neue Observanz durch den päpstlichen Legaten bestätigt und zumindest fur alle Mönche verbindlich erklärt wurde, die nicht ausdrücklich auf die alte Observanz ihre Profess abgelegt hatten. Den Mönchen folgend verweigerten teilweise auch die Klosteruntertanen dem Abt die Gefolgschaft, aber auch hier verschaffte er seinem Recht Geltung, notfalls mit Hilfe der Kugelschützen.
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Hartmanns Reform, die er 1708 bei der Einführung des Abtes [[Mintard,_Chrysostomus|Chrysostomus Mintard]] im Kloster [[Düsseltal]] kennengelernt hatte ({{titel|Schumacher}}), ließ alle Fäden des klösterlichen Betriebes in der Hand des Abtes zusammenlaufen. Sie umfasste strenge Regeln für den Verkehr der Mönche mit der Außenwelt, die Erziehung und das Studium der Novizen, die Krankenfürsorge u.a. Obwohl die Mönche beim Generalkapitel und sogar beim Hl. Stuhl Hartmanns Absetzung forderten, setzte dieser sein Vorhaben schließlich durch und erreichte 1710, nachdem sich die Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute mit der Angelegenheit befasst hatte, dass die neue Observanz durch den päpstlichen Legaten bestätigt und zumindest fur alle Mönche verbindlich erklärt wurde, die nicht ausdrücklich ihre Profess auf die alte Observanz abgelegt hatten. Zum Teil verweigerten auch die Klosteruntertanen dem Abt die Gefolgschaft, aber auch hier verschaffte er seinem Recht Geltung, notfalls mit Hilfe der Kugelschützen ({{titel|Schmitz}}).
  
Sechs Jahre dauerte die Auseinandersetzung um die Klosterreform, wirkte sich schließlich aber segensreich aus, wie man an der Vermehrung des Besitzstandes und der „staunenerregenden“ Bautätigkeit der nächsten Jahre ablesen kann (Schmitz S. 17, 18).
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Sechs Jahre dauerte die Auseinandersetzung um die Klosterreform, die sich schließlich aber segensreich auswirkte, wie man am wirtschaftlichen Aufschwung der nächsten Jahrzehnte ablesen kann. Dem eifrigen Abt gelang die Hebung der Klosterwirtschaft in einem Grade, dass er den Besitz der Abtei um vier große Hofgüter (1717/22 die Burg Leubsdorf, 1723 den Garienhof in Flerzheim<ref>Damit gehörte der Abtei fast die gesamte Gemarkung Flerzheim.</ref>, 1726 den Etzbacherhof in Widdig und 1733 den Frankenforsterhof in Stieldorf<ref>Erwerb unter Hartmanns Nachfolger [[Schmitz, Engelbert|Engelbert Schmitz]].</ref>) vermehren konnte ({{titel|Schmitz}} S. 41). Als Bauherr ließ er den von seinen Vorgängern begonnenen großen Wohnflügel fertigstellen, deren Zellen die Mönche statt des alten Schlafsaals bezogen; 1711 entstand ein neues Brauhaus und 1722/23 der neue Wirtschaftshof (Küchenhof), der nach der Säkularisation verpachtet wurde.
  
In der Wirtschaftsverwaltung hatte die Reform die Wiedereinführung eines besonderen Klosterrechners (bursarius) neben Keller- und Speichermeister zur Folge, wie es ihn im 14. Jahrhundert schon gegeben hatte. Hartmann erzwang auch die Neurodung und Wiederbepflanzung der im Krieg verkommenen Weinberge. Sie waren z.T. zu Gemüsegärten umgenutzt worden, wodurch die Abtei einen großen Teil ihrer Einkünfte verloren hatte. 1724 ließ er durch den Mönch Wilhelm Raderschadt ein Kopiar mit den Urkunden über die rechts- (1. Band) und linksrheinischen (2. Band) Besitzungen anlegen, dessen Übereinstimmung mit den Urschriften, soweit noch lesbar und vorhanden, durch den kaiserlichen Notar Franciscus Erasmus Knips in Gegenwart zweier Zeugen festgestellt und amtlich beglaubigt wurde (Schmitz S. 72). Auch die 1689 in Bonn verbrannten die Rechnungs- und Lagerbücher der Herrschaftsverwaltungen Flerzheim und Neukirchen ließ er nach den Aussagen der beteiligten Untertanen mühsam wieder herstellen (Schmitz S. 16–17).
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In der Wirtschaftsverwaltung hatte die Reform die Wiedereinführung eines besonderen Klosterrechners (bursarius) neben Keller- und Speichermeister zur Folge, wie es ihn im 14. Jahrhundert schon gegeben hatte. Hartmann erzwang auch die Neurodung und Wiederbepflanzung der im Krieg verkommenen Weinberge. Sie waren z.T. zu Gemüsegärten umgenutzt worden, wodurch die Abtei einen großen Teil ihrer Einkünfte verloren hatte. 1724 ließ er durch den Mönch Wilhelm Raderschadt ein Kopiar mit den Urkunden über die rechts- (1. Band) und linksrheinischen (2. Band) Besitzungen anlegen, dessen Übereinstimmung mit den Urschriften, soweit noch lesbar und vorhanden, durch den kaiserlichen Notar Franciscus Erasmus Knips in Gegenwart zweier Zeugen festgestellt und amtlich beglaubigt wurde ({{titel|Schmitz}} S. 72). Auch die 1689 in Bonn verbrannten Rechnungs- und Lagerbücher der Herrschaftsverwaltungen Flerzheim und Neukirchen ließ er nach den Aussagen der beteiligten Untertanen mühsam wieder herstellen ({{titel|Schmitz}} S. 16–17).
  
Dem eifrigen Abt gelang die Hebung der Klosterwirtschaft in einem Grade, dass er den Besitz der Abtei um vier große Hofgüter (1717/22 die Burg Leubsdorf, 1723 den Garienhof in Flerzheim<ref>Damit gehörte der Abtei fast die gesamte Gemarkung Flerzheim.</ref>, 1726 den Etzbacherhof in Widdig und 1733 den Frankenforsterhof in Stieldorf<ref>Erwerb unter Hartmanns Nachfolger [[Schmitz, Engelbert|Engelbert Schmitz]].</ref>) vermehren konnte (Schmitz S. 41). Als Bauherr ließ er den von seinen Vorgängern begonnenen großen Wohnflügel fertigstellen; 1711 entstand ein neues Brauhaus und 1722/23 der neue Wirtschaftshof (Küchenhof), der nach der Säkularisation verpachtet wurde.
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Anfang 1728 zum Kanoniker gewählt, trat Abt Ferdinand im März 1728 von seinem Amt zurück. Er starb am 18. Mai 1731 und wurde im Chor der Abteikirche vor dem Marienaltar beigesetzt.
  
Anfang 1728 zum Kanoniker gewählt, trat Abt Ferdinand im März 1728 von seinem Amt zurück. Er starb am 18. Mai 1731 und wurde im Chor der Abteikirche vor dem Marienaltar beigesetzt. Das Memorienbuch nennt eine Schwester des Abtes Anna Maria Reykers geb. Hartmann, die am 23. März 1720 in Köln gestorben ist.
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Aktuelle Version vom 22. Dezember 2020, 17:30 Uhr

Ferdinand Hartmann

Ferdinand Hartmann

Abt des Zisterzienserklosters Heisterbach 1704–1728

* 1654 Mehlem (heute Bonn)
† 18. Mai 1731

Ferdinand Hartmann wurde 1654 in Mehlem geboren. Sein Vater Johannes Hartmann starb am 19. Oktober 1673 in Mehlem, seine Mutter Catharina geb. Broich starb am 30. März 1700. Das Memorienbuch nennt eine Schwester des Abtes, Anna Maria Reykers geb. Hartmann, die am 23. März 1720 in Köln gestorben ist. 1674 legte Hartmann unter Abt Gottfried Broichhausen in der Zisterzienserabtei Heisterbach die Profess ab und wurde 1677 zum Priester geweiht. Danach war er nacheinander Sakristan, Novizenmeister, Küchenmeister, Prior und Kellermeister. Am 10. September 1704 zum Abt gewählt und unter Assistenz des Marienstatter Abtes Benedikt Bach benediziert, begann er schon bald mit tiefgreifenden Reformen der von den Verheerungen und Plünderungen der Kriege Ludwigs XIV. (Belagerung Bonns 1673, 1689 und 1703) sehr in Mitleidenschaft gezogenen Abtei.

Hartmanns Reform, die er 1708 bei der Einführung des Abtes Chrysostomus Mintard im Kloster Düsseltal kennengelernt hatte (Schumacher), ließ alle Fäden des klösterlichen Betriebes in der Hand des Abtes zusammenlaufen. Sie umfasste strenge Regeln für den Verkehr der Mönche mit der Außenwelt, die Erziehung und das Studium der Novizen, die Krankenfürsorge u.a. Obwohl die Mönche beim Generalkapitel und sogar beim Hl. Stuhl Hartmanns Absetzung forderten, setzte dieser sein Vorhaben schließlich durch und erreichte 1710, nachdem sich die Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute mit der Angelegenheit befasst hatte, dass die neue Observanz durch den päpstlichen Legaten bestätigt und zumindest fur alle Mönche verbindlich erklärt wurde, die nicht ausdrücklich ihre Profess auf die alte Observanz abgelegt hatten. Zum Teil verweigerten auch die Klosteruntertanen dem Abt die Gefolgschaft, aber auch hier verschaffte er seinem Recht Geltung, notfalls mit Hilfe der Kugelschützen (Schmitz).

Sechs Jahre dauerte die Auseinandersetzung um die Klosterreform, die sich schließlich aber segensreich auswirkte, wie man am wirtschaftlichen Aufschwung der nächsten Jahrzehnte ablesen kann. Dem eifrigen Abt gelang die Hebung der Klosterwirtschaft in einem Grade, dass er den Besitz der Abtei um vier große Hofgüter (1717/22 die Burg Leubsdorf, 1723 den Garienhof in Flerzheim[1], 1726 den Etzbacherhof in Widdig und 1733 den Frankenforsterhof in Stieldorf[2]) vermehren konnte (Schmitz S. 41). Als Bauherr ließ er den von seinen Vorgängern begonnenen großen Wohnflügel fertigstellen, deren Zellen die Mönche statt des alten Schlafsaals bezogen; 1711 entstand ein neues Brauhaus und 1722/23 der neue Wirtschaftshof (Küchenhof), der nach der Säkularisation verpachtet wurde.

In der Wirtschaftsverwaltung hatte die Reform die Wiedereinführung eines besonderen Klosterrechners (bursarius) neben Keller- und Speichermeister zur Folge, wie es ihn im 14. Jahrhundert schon gegeben hatte. Hartmann erzwang auch die Neurodung und Wiederbepflanzung der im Krieg verkommenen Weinberge. Sie waren z.T. zu Gemüsegärten umgenutzt worden, wodurch die Abtei einen großen Teil ihrer Einkünfte verloren hatte. 1724 ließ er durch den Mönch Wilhelm Raderschadt ein Kopiar mit den Urkunden über die rechts- (1. Band) und linksrheinischen (2. Band) Besitzungen anlegen, dessen Übereinstimmung mit den Urschriften, soweit noch lesbar und vorhanden, durch den kaiserlichen Notar Franciscus Erasmus Knips in Gegenwart zweier Zeugen festgestellt und amtlich beglaubigt wurde (Schmitz S. 72). Auch die 1689 in Bonn verbrannten Rechnungs- und Lagerbücher der Herrschaftsverwaltungen Flerzheim und Neukirchen ließ er nach den Aussagen der beteiligten Untertanen mühsam wieder herstellen (Schmitz S. 16–17).

Anfang 1728 zum Kanoniker gewählt, trat Abt Ferdinand im März 1728 von seinem Amt zurück. Er starb am 18. Mai 1731 und wurde im Chor der Abteikirche vor dem Marienaltar beigesetzt.

gge, März 2014

  1. Damit gehörte der Abtei fast die gesamte Gemarkung Flerzheim.
  2. Erwerb unter Hartmanns Nachfolger Engelbert Schmitz.

Literatur:

Memorienbuch der Abtei Heisterbach · Schmitz, Ferdinand: Urkundenbuch der Abtei Heisterbach, Bonn 1908, S. 16–18, 30, 41, 72 · Schumacher, Johannes: Deutsche Klöster, Bonn 1928, S. 157.

Normdaten:

· GSN: 078-00534-001

Zitierempfehlung: Hartmann, Ferdinand, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 22.12.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Hartmann,_Ferdinand

Vorlage:Page.name: HARTMANN, Ferdinand OCist (1654–1731) – Biographia Cisterciensis