Joseph-Marie Hercelin
1. Abt von Notre-Dame de La Trappe nach der Wiederbegründung 1833–1855; Generalvikar der Kongregation von La Trappe 1834–1855
* 28. Aug. 1787 Saint-Congard, Morbihan, Bretagne
† 13. Juli 1855 Soligny-la-Trappe, Normandie
Dom Joseph-Marie Hercelin, Taufname Pierre Marie, studierte am Priesterseminar in Vannes und wurde am 21. Dezember 1811, gemeinsam mit seinem Freund Alexandre Guillaume, dem späteren Abt Fulgence von Bellefontaine, zum Priester geweiht. Im August 1813 erhielt er eine Stelle als Dozent am Priesterseminar. Gemeinsam mit seinem Kollegen Guillaume hatte er engen Umgang mit dem Kanoniker Joseph Mahé, dem führenden Kopf der Jansenisten im Bistum Vannes, und richtete seine Lehre nach dessen Vorbild. Unter dem Vorwurf, gefährliche Neuerer und Jansenisten zu sein, verloren Hercelin und Guillaume ihre Stelle im Juni 1816. Guillaume ging nach Nantes, Hercelin wurde Beichtiger der Ursulinen in Vannes. Am 30. September 1817 trat er, dem Beispiel seines ehemaligen Schülers Pierre-Marie Le Port folgend, in die 1815 wiederbesiedelte Zisterzienserabtei strengerer Observanz La Trappe ein und erhielt am 7. Oktober aus der Hand von Abt Augustin de Lestrange das Ordenskleid. Nach dem einjährigen Noviziat legte er am 8. Oktober 1818 die Profess ab. 1819 wurde er Subprior, dann Geistlicher der Trappistinnen in Forges.
Als Abt Lestrange wegen seiner Kompetenzstreitigkeiten mit dem Bischof von Sées La Trappe 1822 vorübergehend aufgab und der Chorkonvent nach Bellefontaine zog, ging Hercelin nach Mauges und wurde Hausgeistlicher der Trappistinnen von Gardes. Nach Lestranges Tod 1827 wurde er vom inzwischen zum Abt gewählten Michel Le Port zum Prior der sechzehnköpfigen Gruppe ernannt, die nach La Trappe zurückkehrte. Dort leitete er den Aufbau des inzwischen in Verfall geratenen Klosters, der von der Julirevolution 1830 unterbrochen wurde, als das Kloster von der Polizei nach Waffen durchsucht wurde (30. August 1830).
Nachdem sich die Lage wieder beruhigt hatte, wurden die Bauarbeiten weitergeführt (Kirchweihe 30. August 1833) und Prior Hercelin am 28. November 1833 mit Einverständnis des Bischofs Saussol zum Abt gewählt. Da der Bischof aber auf seinem Standpunkt beharrte, aufgrund des Konkordats von 1801 keine Abtbenediktion in La Trappe vornehmen zu dürfen, erhielt Hercelin die Benediktion am 23. September 1834 in Rom durch Kardinal Thomas Weld, den Protektor der Trappisten. 1834 wurde er außerdem Generalvikar der mit päpstlichem Dekret vom 3. Oktober 1834 errichteten Kongregation Unserer Lieben Frau von La Trappe in Frankreich, die sämtliche französischen Zisterzienserklöster strengerer Observanz umfasste (Zisterzienserklöster der gewöhnlichen Observanz gab es seit der Revolution in Frankreich keine mehr). Im Juli 1835 wurde das erste Generalkapitel in La Trappe gehalten, 1847 die Kongregation aber wegen unüberbrückbarer Differenzen in der Regelauslegung in zwei Zweige getrennt (Ancienne Réforme, d.h. nach Rancé, und Nouvelle Réforme, d.h. nach Lestrange).
Abt Hercelin gründete 1854 in der Nähe des Klosters eine landwirtschaftliche Strafgefangenenkolonie (Colonie pénitentiaire agricole), in der junge Straftäter durch religiöse Unterweisung und landwirtschaftliche Arbeit wieder auf den rechten Weg zurückgeführt werden sollten.
Hercelins Wunsch, ein Zisterzienserkloster in seinem Heimatland, der Bretagne, zu etablieren, scheiterte zunächst am abermals erhobenen Vorwurf des Jansenismus (für den sich in seinen hinterlassenen Schriften jedoch keine Beweise finden lassen). Erst ein zweiter Versuch in Timadeuc, unter der Leitung von Bernard Dugué, führte schließlich 1841 zum Erfolg. Neben der Gründung von Timadeuc war Abt Hercelin auch an der Niederlassung der Trappistinnen im dreißig Kilometer von La Trappe entfernten La Cour-Petral beteiligt, als Generalvikar auch maßgeblich an der Gründung der Abtei Staoueli in Algerien 1843.
Am 2. Oktober 1847, kurz vor seiner Absetzung durch die Revolution von 1848, besuchte der Bürgerkönig Louis-Philippe das Kloster La Trappe, zum zweitenmal, er war schon 1788 mit seinem Großvater, dem Herzog von Penthièvre, einmal da gewesen.
Dom Hercelin, der schon seit seinem Noviziat an Tuberkulose gelitten hatte, erkrankte an einem typhoiden Fieber und starb am 13. Juli 1855, 68 Jahre alt. Sein Nachfolger wurde Dom Timothée Gruyer.
gge, Juli 2011, rev. April 2016
Daten:
Sac.: 21. Dez. 1811; Vest.: 7. Okt. 1817; Prof.: 8. Okt. 1818; Abbas: el. 28. Nov. 1833, ben. 23. Sep. 1834.Literatur:
Michel Lagrée (ed.): Dictionnaire du monde religieux dans la France contemporaine, Band 3 (La Bretagne), Paris: Beauchesne, 1990. S. 209 · Dubois, Marie-Gérard et. al.: L'abbaye Notre-Dame de la Trappe. Amis du Perche, [2001], S. 74–90.Vorlage:Page.name: HERCELIN, Joseph-Marie (Pierre) OCSO (1787–1857) – Biographia Cisterciensis