Visch, Carolus

Carolus de Visch
Kupferstich, um 1700

Carolus de Visch

Charles de Visch, Karl de Visch

Zisterzienser der Abtei Ten Duinen, Ordenshistoriker, Prediger, Theologe

* 15. Aug. 1596 Bulscamp (b. Furnes/Veurne, Flandern)
† 11. April 1666 Brügge

Der aus dem niederen flandrischen Adel stammende Carolus de Visch besuchte die Lateinschule in Veurne und studierte dann in Douai Philosophie. 1618 trat er in die Zisterzienserabtei Ten Duinen ein, damals noch im Gutshof Ten Bogaerde (Profess 10. Feb. 1619). Von 1621 bis 1625 studierte er Theologie, ebenfalls in Douai (Baccalaureus formatus, 1625). In sein Kloster zurückgekehrt, übernahm er dort die Aufgaben eines Kaplans und Bibliothekars.

Im August 1629 sandte ihn Abt Bernardus Campmans mit einem Mitbruder nach Deutschland (Altenberg, Eberbach, Altenkamp). Seit Oktober 1630 lehrte er Moraltheologie in Eberbach, bis er Ende November 1631 wegen der anrückenden schwedischen Truppen (Dreißigjähriger Krieg) in sein Professkloster zurückkehren musste. Noch jahrelang korrespondierte er mit den Eberbacher Mönchen.

1632 ging De Visch als Beichtvater in das Zisterzienserinnenkloster Groeninge in Kortrijk, wo er im Auftrag seines Abtes die gegenreformatorischen Neuregelungen des Konzils von Trient umsetzen musste – nicht ohne dabei in Konflikt mit der Äbtissin Katharina Doens zu geraten, die sich hilfesuchend an den päpstlichen Internuntius wandte. De Visch wurde aus Groeninge abberufen, weigerte sich aber seinen Posten zu verlassen und musste mit Polizeigewalt (»manu militari«) aus dem Kloster entfernt werden (12. Aug. 1636). Schon im folgenden Jahr (1637) als Beichtiger in das Frauenkloster Vallis Coeli (Hemelsdale) in Diksmuide entsandt, scheint er dort glücklicher agiert zu haben, denn er blieb insgesamt zwölf Jahre auf seinem Posten. Die aus dieser Zeit stammenden Predigten De Vischs geben einen guten Einblick in die niederländische nachtridentinische Zisterzienserspiritualität dieser Zeit.

Von Abt Bernard Bottyn 1649 zum Prior des Dünenklosters ernannt, blieb De Visch bis 1661 in diesem Amt. Seine eigene Wahl zum Abt verhinderte der Staatsrat, der seine Kandidatur 1653 nicht zuließ. Bis zu seinem Tod 1666 behielt De Visch den Ehrentitel Prior emeritus.

Carolus de Visch hatte bereits als junger Mönch sein Interesse an Ordensgeschichte und Hagiographie entdeckt – wohl unter dem Eindruck und Einfluss in der Dünenabtei lebender und lehrender Mönche wie Adrianus Mesdagh, Chrysostomus Henriquez und dem Abt Adrianus Cancellier. Als Bibliothekar hatte er freien Zugriff auf den Buchbestand der Abtei; zahlreiche erhalten gebliebene Codices tragen noch Randbemerkungen von seiner Hand. Auch während seiner Jahre in den deutschen Klöstern und später als Beichtiger in den Frauenklöstern trug er zahlreiche Notizen und Abschriften zusammen.

Neben kleineren historischen und hagiographischen Beiträgen ist sein Hauptwerk die Bibliotheca scriptorum Sacri Ordinis Cisterciensium, vergleichbar mit der Bibliotheca Patrum Cisterciensium des Franzosen Bertrand Tissier, ein ausführliches Repertorium zisterziensischer Schriften, die 1649 in Douai und in zweiter Auflage 1656 in Köln erschien. Im Allgemeinen übernahm er bei dieser Arbeit Angaben aus zweiter Hand; da ihm die Schriften nicht vorlagen, kam es zu häufigeren Fehlern. Dennoch diente sein Werk vielen weiteren Forschern – kein anderes von vergleichbarem Umfang war vorhanden – bis ins 20. Jahrhundert. Das ergänzende Auctarium, das er 1665 vollendete, gab Joseph Canivez 1926/27 heraus.

gge, Dez. 2010


Daten:

Prof.: 10. Feb. 1619.

Werke:

Alani Magni de insulis, doctoris universalis, opera moralia, paraenetica et polemica. Antwerpen 1653 · Vita Adriani Cancellier abbatis Dunensis. Brügge 1655. · Vitae beatorum Eberardi de Commeda († 1191) et Richardi de Frisia († 1266), monachorum O. Cist. Brügge 1655 · Bibliotheca scriptorum Sacri Ordinis Cisterciensium, Douai 1649, Köln ²1656 · Compendium chronologicum abbatiae B.M. de Dunis. Brüssel 1660 · Auctarium D. Caroli de Visch ad Bibliothecam Scriptorum S. O. Cisterciensis. Hg. von Joseph Canivez. Bregenz: J. N. Teutsch, 1927. [Sonderdruck aus: Cistercienser Chronik 38 (1926) und 39 (1927)] · Vollständiges Werkverzeichnis in: Guido Hendrix: Bibliotheca auctorum, traductorum et scriptorum Ordinis Cisterciensis. Leuven 1992, 342–348.

Literatur:

Noël Geirnaert: De Duinheer Carolus de Visch, historiograaf van de cisterciënserorde (1596–1666), in: Handelingen van het Genootschap voor Geschiedenis. 116 (1979), S. 163–214 (KU Leuven, 1974) · Allgemeine deutsche Biographie (ADB) 40 (1896), S. 16 (Franz Heinrich Reusch) · Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL) XII (1997), Sp. 1458–1459 (Wilhelm Kohl) · Lexikon für Theologie und Kirche LThK³ (2006), Sp. 806 (Alberich Altermatt) · Nationaal Biografisch Woordenboek 6 (Brüssel 1974), Sp. 986–994 (N. Geirnaert).

Normdaten:

GND: 130176354 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Visch, Carolus, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 2.01.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Visch,_Carolus

Vorlage:Page.name: VISCH, Carolus de (1596–1666) – Biographia Cisterciensis