Buchinger, Bernardin: Unterschied zwischen den Versionen

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Bernardin Buchinger, Taufname Christian, geboren 1606 in Ensisheim oder, nach anderen, in Kientzheim als Sohn des Christian Buchinger und seiner Frau Marguerite Fischer, kam 1616 als neunjähriger Klosterschüler nach [[Pairis]] (Tochter von Maulbronn). Seine Gymnasialstudien absolvierte er am Jesuitenkolleg in Ensisheim, trat am 25. März 1623 in das Noviziat der Abtei [[Lützel]] ein und legte am Ostersonntag 1624 die Profess ab. Nach dem Studium an der Hauslehranstalt (und gleichzeitiger Tätigkeit als Bibliothekar) wurde er 1630 zum Priester geweiht und war dann Sekretär des Abtes [[Lorillard, Laurentius|Lorillard]], Archivar und Cellerar. Als sich die Klostergemeinschaft 1632 wegen des Dreißigjährigen Krieges zerstreute, ging er zunächst nach [[St. Urban]], dann nach [[Kleinlützel]].
 
Bernardin Buchinger, Taufname Christian, geboren 1606 in Ensisheim oder, nach anderen, in Kientzheim als Sohn des Christian Buchinger und seiner Frau Marguerite Fischer, kam 1616 als neunjähriger Klosterschüler nach [[Pairis]] (Tochter von Maulbronn). Seine Gymnasialstudien absolvierte er am Jesuitenkolleg in Ensisheim, trat am 25. März 1623 in das Noviziat der Abtei [[Lützel]] ein und legte am Ostersonntag 1624 die Profess ab. Nach dem Studium an der Hauslehranstalt (und gleichzeitiger Tätigkeit als Bibliothekar) wurde er 1630 zum Priester geweiht und war dann Sekretär des Abtes [[Lorillard, Laurentius|Lorillard]], Archivar und Cellerar. Als sich die Klostergemeinschaft 1632 wegen des Dreißigjährigen Krieges zerstreute, ging er zunächst nach [[St. Urban]], dann nach [[Kleinlützel]].
  
Am 22. Juli 1642 akzeptierte er die Wahl zum Abt der infolge des Restitutionsedikts Kaiser Ferdinands II. von 1629 wiederhergestellten Abtei [[Maulbronn]], nachdem er vorher den Abtstuhl von [[Rittershausen]] abgelehnt hatte, und trat die Abtei am 30. September 1642 an.<ref>Am 6. Dezember 1642 leitete er in [[Lichtenthal]] die Wahl der Äbtissin [[Springauf, Eva Regina|Eva Regina Springauf]] und installierte im selben Jahr [[Jongelinus, Gaspar|Gaspar Jongelincx]] als Abt in [[Eußerthal]].</ref> Die Benediktion erhielt er am 5. Oktober 1642 beim Provinzkapitel im Kloster [[Schöntal]] durch den Abt von [[Kaisheim]] ([[Müller, Georg|Georg Müller]]), assistiert durch die Äbte von Schöntal ([[Haan, Christoph|Christoph Haan]]) und [[Tennenbach]] ([[Stolz, Bernhard|Bernhard Stolz]]). Als Maulbronn nach dem Westfälischen Frieden 1648 wieder säkularisiert wurde, ging er in das Priorat Pairis, wurde dort 1653 Prior, führte aber den Titel eines Abtes von Maulbronn, dem er noch den von Pairis hinzufügte. Das Angebot des Mainzer Kurfürsten, die Abtei [[Eberbach]] im Rheingau zu übernehmen, lehnte er ab. Stattdessen wurde er am 16. November 1654 gegen seinen Willen zum Abt des im Krieg zerstörten Klosters Lützel gewählt, ließ sich auch nach Intervention durch Abt [[Vaussin, Claude|Claude Vaussin]] von [[Cîteaux]] und den Bischof von Basel nicht umstimmen. Erst Ende 1655 gab er Pairis auf und begab sich nach Lützel (auf dem Hofgut [[Löwenburg]] im Berner Jura).
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Am 22. Juli 1642 akzeptierte er die Wahl zum Abt der infolge des Restitutionsedikts Kaiser Ferdinands II. von 1629 wiederhergestellten Abtei [[Maulbronn]], nachdem er vorher den Abtstuhl von [[Rittershausen]] abgelehnt hatte, und trat die Abtei am 30. September 1642 an. In dieser Funktion war er auch Vaterabt der Frauenklöster [[Königsbrück]] und [[Lichtenthal]]<ref>Am 6. Dezember 1642 leitete er in Lichtenthal die Wahl der Äbtissin [[Springauf, Eva Regina|Eva Regina Springauf]] (und installierte im selben Jahr [[Jongelinus, Gaspar|Gaspar Jongelincx]] als Abt in [[Eußerthal]]).</ref> Die Benediktion erhielt er am 5. Oktober 1642 beim Provinzkapitel im Kloster [[Schöntal]] durch den Abt von [[Kaisheim]] ([[Müller, Georg|Georg Müller]]), assistiert durch die Äbte von Schöntal ([[Haan, Christoph|Christoph Haan]]) und [[Tennenbach]] ([[Stolz, Bernhard|Bernhard Stolz]]). Als Maulbronn nach dem Westfälischen Frieden 1648 wieder säkularisiert wurde, ging er in das Priorat Pairis, wurde dort 1653 Prior, führte aber den Titel eines Abtes von Maulbronn, dem er noch den von Pairis hinzufügte. Das Angebot des Mainzer Kurfürsten, die Abtei [[Eberbach]] im Rheingau zu übernehmen, lehnte er ab. Stattdessen wurde er am 16. November 1654 gegen seinen Willen zum Abt des im Krieg zerstörten Klosters Lützel gewählt, ließ sich auch nach Intervention durch Abt [[Vaussin, Claude|Claude Vaussin]] von [[Cîteaux]] und den Bischof von Basel nicht umstimmen. Erst Ende 1655 gab er Pairis auf und begab sich nach Lützel (auf dem Hofgut [[Löwenburg]] im Berner Jura).
  
Am 24. November 1655 erneuerte er den Bürgerrechtsvertrag (Combourgeoisie) mit Basel und schloss im selben Jahr einen Vertrag mit Solothurn, der aber wegen des Widerstands des französischen Königs widerrufen werden musste. Am 23. März 1657 führte er einen Konvent von zwölf Religiosen von Löwenburg in das seit 1632 verlassene Lützel zurück, wo zu diesem Zweck eine neues Gebäude erbaut worden war<ref>Das alte Konventgebäude war 1638 zerstört worden.</ref>, behielt selbst aber seine Residenz in Löwenburg.
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Am 24. November 1655 erneuerte er den Bürgerrechtsvertrag (Combourgeoisie) mit Basel und schloss im selben Jahr einen Vertrag mit Solothurn, der aber wegen des Widerstands des französischen Königs widerrufen werden musste. Am 23. März 1657 führte er einen Konvent von zwölf Religiosen von Löwenburg in das seit 1632 verlassene Lützel zurück, wo zu diesem Zweck eine neues Gebäude erbaut worden war<ref>Das alte Konventgebäude war 1638 zerstört worden.</ref>, behielt selbst aber seine Residenz in Löwenburg und leitete von dort aus den personellen und materiellen Wiederaufbau.
  
 
1657 zum Mitglied des elsässischen Staatsrates (Conseil souverain d'Alsace) in Neubreisach ernannt, nahm er im folgenden Jahr an der Eröffnung des Parlements teil und spielte als Doyen der elsässischen Prälaten eine wichtige Rolle in den politischen Angelegenheiten seiner Zeit.
 
1657 zum Mitglied des elsässischen Staatsrates (Conseil souverain d'Alsace) in Neubreisach ernannt, nahm er im folgenden Jahr an der Eröffnung des Parlements teil und spielte als Doyen der elsässischen Prälaten eine wichtige Rolle in den politischen Angelegenheiten seiner Zeit.
  
Wegen seines fortgeschrittenen Alters erhielt er 1671 auf eigenen Wunsch mit [[Edmond Quiquerez]] einen Koadjutor. Er starb am 5. Januar 1673 in Löwenburg und wurde am folgenden Tag in der Abteikirche in Lützel vor dem Hauptaltar begraben. Er verfasste ein Tagebuch und mehrere Schriften zur Geschichte der Abtei Lützel.
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Wegen seines fortgeschrittenen Alters erhielt er 1671 auf eigenen Wunsch mit [[Edmond Quiquerez]] einen Koadjutor. Er starb am 5. Januar 1673 in Löwenburg und wurde am folgenden Tag in der Abteikirche in Lützel vor dem Hauptaltar begraben. Er verfasste ein Tagebuch, ein Kochbuch und mehrere Schriften zur Geschichte der Abtei Lützel. [[Winkler, Gerhard|Gerhard Winkler]] zählt ihn zu den „kraftvollen Aufbauprälaten der frühen Barockzeit“ (LThK 2006, Bd. 2, S. 748).
  
 
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Version vom 6. Juli 2017, 15:45 Uhr

Bernardin Buchinger, Epitome fastorum Lucellensium, 1667, Titelblatt

Bernardin Buchinger

Abt der Klöster Maulbronn 1642–1649 und Lützel 1654–1673

* 22. Jan. 1606 Ensisheim, Elsass
05. Jan. 1673 Löwenburg, Gem. Pleigne, Kt. Jura

Bernardin Buchinger, Taufname Christian, geboren 1606 in Ensisheim oder, nach anderen, in Kientzheim als Sohn des Christian Buchinger und seiner Frau Marguerite Fischer, kam 1616 als neunjähriger Klosterschüler nach Pairis (Tochter von Maulbronn). Seine Gymnasialstudien absolvierte er am Jesuitenkolleg in Ensisheim, trat am 25. März 1623 in das Noviziat der Abtei Lützel ein und legte am Ostersonntag 1624 die Profess ab. Nach dem Studium an der Hauslehranstalt (und gleichzeitiger Tätigkeit als Bibliothekar) wurde er 1630 zum Priester geweiht und war dann Sekretär des Abtes Lorillard, Archivar und Cellerar. Als sich die Klostergemeinschaft 1632 wegen des Dreißigjährigen Krieges zerstreute, ging er zunächst nach St. Urban, dann nach Kleinlützel.

Am 22. Juli 1642 akzeptierte er die Wahl zum Abt der infolge des Restitutionsedikts Kaiser Ferdinands II. von 1629 wiederhergestellten Abtei Maulbronn, nachdem er vorher den Abtstuhl von Rittershausen abgelehnt hatte, und trat die Abtei am 30. September 1642 an. In dieser Funktion war er auch Vaterabt der Frauenklöster Königsbrück und Lichtenthal[1] Die Benediktion erhielt er am 5. Oktober 1642 beim Provinzkapitel im Kloster Schöntal durch den Abt von Kaisheim (Georg Müller), assistiert durch die Äbte von Schöntal (Christoph Haan) und Tennenbach (Bernhard Stolz). Als Maulbronn nach dem Westfälischen Frieden 1648 wieder säkularisiert wurde, ging er in das Priorat Pairis, wurde dort 1653 Prior, führte aber den Titel eines Abtes von Maulbronn, dem er noch den von Pairis hinzufügte. Das Angebot des Mainzer Kurfürsten, die Abtei Eberbach im Rheingau zu übernehmen, lehnte er ab. Stattdessen wurde er am 16. November 1654 gegen seinen Willen zum Abt des im Krieg zerstörten Klosters Lützel gewählt, ließ sich auch nach Intervention durch Abt Claude Vaussin von Cîteaux und den Bischof von Basel nicht umstimmen. Erst Ende 1655 gab er Pairis auf und begab sich nach Lützel (auf dem Hofgut Löwenburg im Berner Jura).

Am 24. November 1655 erneuerte er den Bürgerrechtsvertrag (Combourgeoisie) mit Basel und schloss im selben Jahr einen Vertrag mit Solothurn, der aber wegen des Widerstands des französischen Königs widerrufen werden musste. Am 23. März 1657 führte er einen Konvent von zwölf Religiosen von Löwenburg in das seit 1632 verlassene Lützel zurück, wo zu diesem Zweck eine neues Gebäude erbaut worden war[2], behielt selbst aber seine Residenz in Löwenburg und leitete von dort aus den personellen und materiellen Wiederaufbau.

1657 zum Mitglied des elsässischen Staatsrates (Conseil souverain d'Alsace) in Neubreisach ernannt, nahm er im folgenden Jahr an der Eröffnung des Parlements teil und spielte als Doyen der elsässischen Prälaten eine wichtige Rolle in den politischen Angelegenheiten seiner Zeit.

Wegen seines fortgeschrittenen Alters erhielt er 1671 auf eigenen Wunsch mit Edmond Quiquerez einen Koadjutor. Er starb am 5. Januar 1673 in Löwenburg und wurde am folgenden Tag in der Abteikirche in Lützel vor dem Hauptaltar begraben. Er verfasste ein Tagebuch, ein Kochbuch und mehrere Schriften zur Geschichte der Abtei Lützel. Gerhard Winkler zählt ihn zu den „kraftvollen Aufbauprälaten der frühen Barockzeit“ (LThK 2006, Bd. 2, S. 748).

gge

  1. Am 6. Dezember 1642 leitete er in Lichtenthal die Wahl der Äbtissin Eva Regina Springauf (und installierte im selben Jahr Gaspar Jongelincx als Abt in Eußerthal).
  2. Das alte Konventgebäude war 1638 zerstört worden.

Daten:

Vest.: 25. März 1623; Prof.: 10. April 1624; Sac.: 1630; Abbas: Maulbronn: el. 22. Juli 1642, ben. 5. Okt. 1642; Lützel: 16. Nov. 1654.

Werke:

Epitome fastorum Lucellensium, qua monasterii S. Mariae de Luciscella, ordinis Cisterciensis, diocesis Basiliensis, origo, fundatio, progressus, privilegia, series abbatum … explicantur. Bruntruti 1667 · Tabula mortuorum Parisiensium 1650. Stadtbibliothek Colmar. In: Julius Rathgeber (Hrsg.): Die Herrschaft Rappoltstein. Beiträge zur Geschichtskunde des Ober-Elsasses, zum Theil aus urkundlichen Quellen. F. Wolff, Strassburg 1874, S. 58 ff.

Literatur:

Ingold, A.M.P.: Bernardin Buchinger abbé de Lucelle, in: Revue catholique d'Alsace (1900), S. 401–426, 427–437, 506–527, 570–593, 654–671 und (1901), S. 120–124 · Chèvre, André: Cisterciens de Lucelle, in: Helvetia Sacra III/3, 290–311, bes. 307–308 · Ludwig, W. Theo: Bernardin Buchinger. Ein Zisterzienserabt. des 17. Jahrhunderts, in: Cistercienser Chronik, 91 (1984), S. 1–4, 39–73 · Dictionnaire des Auteurs Cisterciens Bd. 1, Rochefort 1975, S. 146 (Anselme Dimier) · Sitzmann, Édouard: Dictionnaire de biographie des hommes célèbres de l'Alsace. Rixheim: Sutter, 1909–1910 · Hirsch, Hans: Die Urkundenfälschungen des Abtes Bernardin Buchinger für die Zisterzienserklöster Lützel und Pairis. Ein Beitrag zur Geschichte der habsburgischen Rechte im Oberelsass, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 32 (1911), S. 1–187 · Hauréau, Barthélemy: Gallia Christiana, Band 15. Paris, 1860, Sp. 586 · Sainte-Marthe, Denis de: Gallia Christiana, Band 5. Paris, 1731, Sp. 758.

Normdaten:

GND: 132473348 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Buchinger, Bernardin, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 6.07.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Buchinger,_Bernardin

Vorlage:Page.name: BUCHINGER, Bernardin OCist (1606–1673) – Biographia Cisterciensis