Buchinger, Bernardin

Bernardin Buchinger, Epitome fastorum Lucellensium, 1667, Titelblatt

Bernardin Buchinger

Abt der Klöster Maulbronn 1642–1649, Pairis 1649–1656 und Lützel 1654–1673

* 22. Jan. 1606 Kientzheim, Elsass
05. Jan. 1673 Löwenburg, Gem. Pleigne, Kt. Jura

Bernardin Buchinger, Taufname Christian, wurde am 22. Januar 1606 in Kientzheim als Sohn des Weinhändlers Christian Buchinger und seiner Frau Marguerite Fischer geboren. In seinen Schriften erwähnt er gelegentlich einen Bruder. Von 1613 bis 1616 besuchte er die „Schola trivialis“ (Volksschule) und kam 1616 als neunjähriger Klosterschüler in das dem (aufgehobenen) Zisterzienserkloster Maulbronn gehörende Priorat Pairis. Weitere Gymnasialstudien absolvierte er von 1618 bis 1623 am Jesuitenkolleg in Ensisheim, nach Ingold, weil die Zisterzienser seinen Wissensdurst und seinen Studieneifer nicht zu befriedigen wussten. Am 25. März 1623 trat er in das Noviziat der Zisterzienserabtei Lützel ein, nahm den Ordensnamen Bernardinus an und legte am Ostersonntag 1624 die Profess ab. Nach dem Studium an der Hauslehranstalt (und gleichzeitiger Tätigkeit als Bibliothekar) wurde er 1630 zum Priester geweiht und war dann Sekretär des Abtes Lorillard, Archivar, Küchenmeister (er verfasste ein Kochbuch) und Cellerar, Bursar, außerdem leitender Minister. Als sich die Klostergemeinschaft 1632 wegen des Dreißigjährigen Krieges zerstreute, ging er zunächst nach St. Urban, dann nach Kleinlützel.

Am 22. Juli 1642 akzeptierte er die Wahl zum Abt der 1570 säkularisierten, infolge des Restitutionsedikts Kaiser Ferdinands II. von 1629 aber wiederhergestellten Abtei Maulbronn, nachdem er vorher den Abtstuhl von Riddagshausen bei Braunschweig abgelehnt hatte, und trat die Abtei am 30. September 1642 an. Die Benediktion erhielt er am 5. Oktober 1642 beim Provinzkapitel im Kloster Schöntal durch den Abt von Kaisheim (Georg Müller), assistiert durch die Äbte von Schöntal (Christoph Haan) und Tennenbach (Bernhard Stolz).

Da der Lützeler Abt Laurentius Lorillard krankheitshalber viele Funktionen an Buchinger abgab, war dieser auch Vaterabt mehrerer Frauenklöster, u.a. Olsberg[1], Königsbrück und Lichtenthal[2], und die Männerklöster Eußerthal (wo er 1642 Gaspar Jongelincx als Abt installierte), Disibodenberg und Hauterive zuständig. Sogar die Klarissen von Allspach wünschten (und bekamen) ihn als Visitator. Aus den Salemer Akten ist Buchingers Teilnahme an mehreren Provinzkapiteln der oberdeutschen Kongregation nachzuweisen. Als Maulbronn nach dem Westfälischen Frieden 1649 wieder an den Herzog von Württemberg zurückfiel, ging er mit den Mönchen in das Priorat Pairis, das 1654 wieder zur Abtei erhoben wurde. Das genaue Datum seines Weggangs aus Maulbronn ist nicht überliefert, wahrscheinlich Ende 1648.

Das Priorat Pairis, 1452 von Maulbronn übernommen, war seit 1570 Kommende und erst 1643 wieder dem Orden zurückgegeben worden. Um seinen Fortbestand zu sichern, hatte Abt Buchinger einen harten Kampf zu führen und schreckte, selber gelehrter Bibliothekar, dabei auch nicht vor Aktenfälschungen zurück, um durch die kaiserliche Bestätigung aller Privilegien die gewünschte Rechtssicherheit zu erhalten.

Obwohl Äbte keine eigenen Vertreter beim hl. Stuhl haben sollten (sondern durch den Generalprokurator des Gesamtordens vertreten wurden), hielt sich Abt Bernardin den Agenten Dominus Motmann in Rom, der drei wichtige Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit des Abtes erfüllte: erstens die päpstliche Bestätigung Buchingers als Abt von Maulbronn und Pairis zu erhalten, zweitens die Bestätigung der weitreichenden Commissio recuperandi Monasteria ab Haereticis detenta zu erreichen und drittens die Bestätigung der Vollmacht zur Benediktion von Äbten und Äbtissinnen zu erhalten.

Das Angebot des Mainzer Kurfürsten, die Abtei Eberbach im Rheingau zu übernehmen, hatte Buchinger abgelehnt. Stattdessen wurde er am 16. November 1654 zum Abt des im Krieg 1632 zerstörten und verlassenen Klosters Lützel gewählt und war nun Abt dreier Abteien. Eine davon, Maulbronn, bestand nur auf dem Papier, die zweite, Pairis, verlor er 1656 als König Ludwig XIV. Anfang Januar den Sekretär des Generalabtes, Olivier de Foulongne, zum Abt von Pairis ernannte. Der Besitz mehrerer Abteien war nach den Vorgaben des Konzils von Trient nicht erlaubt. Obwohl die Buchinger von Generalabt Claude Vaussin zugebilligte Übergangsfrist von zwei Jahren noch nicht verstrichen war, hatte der mit einem Dispensionsschreiben des Generalabtes versehene Olivier de Foulongne ihm die Entscheidung abgenommen. Vor vollendete Tatsachen gestellt, trat Buchinger in Pairis zurück und begab sich nach Lützel, das er rasch und planmäßig wieder aufbaute.

Am 24. November 1655 erneuerte er den Bürgerrechtsvertrag (Combourgeoisie) mit Basel und schloss im selben Jahr einen Vertrag mit Solothurn, der aber wegen des Widerstands des französischen Königs widerrufen werden musste. Am 23. März 1657 führte er einen Konvent von zwölf Religiosen vom Hofgut Löwenburg im Berner Jura nach Lützel zurück, wo zu diesem Zweck eine neues Gebäude erbaut worden war[3], behielt selbst aber seine Residenz in Löwenburg und leitete den personellen und materiellen Wiederaufbau von dort aus.

1657 zum Mitglied des elsässischen Staatsrates (Conseil souverain d'Alsace) in Neubreisach ernannt, nahm er im folgenden Jahr an der Eröffnung des Parlements teil und spielte als Doyen der elsässischen Prälaten eine wichtige Rolle in den politischen Angelegenheiten seiner Zeit.

Wegen seines fortgeschrittenen Alters erhielt er 1671 auf eigenen Wunsch mit Edmond Quiquerez einen Koadjutor. Er starb am 5. Januar 1673 in Löwenburg und wurde am folgenden Tag in der Abteikirche in Lützel vor dem Hauptaltar begraben. Er verfasste ein Tagebuch, ein Kochbuch und mehrere Schriften zur Geschichte der Abtei Lützel. Gerhard Winkler zählt ihn zu den „kraftvollen Aufbauprälaten der frühen Barockzeit“ (LThK 2006, Bd. 2, S. 748).

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  1. Dort benedizierte er die Äbtissin Katharina Kohler.
  2. Am 6. Dezember 1642 leitete er in Lichtenthal die Wahl der Äbtissin Eva Regina Springauf.
  3. Das alte Konventgebäude war 1638 zerstört worden.

Daten:

E.: 19. Jan. 1623; Vest.: 25. März 1623; Prof.: 10. April 1624; Sac.: 1630; Abbas: Maulbronn: el. 22. Juli 1642, ben. 5. Okt. 1642; Lützel: 16. Nov. 1654.

Werke:

Epitome fastorum Lucellensium, qua monasterii S. Mariae de Luciscella, ordinis Cisterciensis, diocesis Basiliensis, origo, fundatio, progressus, privilegia, series abbatum … explicantur. Bruntruti 1667 · Tabula mortuorum Parisiensium 1650. Stadtbibliothek Colmar. In: Julius Rathgeber (Hrsg.): Die Herrschaft Rappoltstein. Beiträge zur Geschichtskunde des Ober-Elsasses, zum Theil aus urkundlichen Quellen. F. Wolff, Strassburg 1874, S. 58 ff.

Literatur:

Ingold, Augustin-Marie-Pierre: Bernardin Buchinger abbé de Lucelle, in: Revue catholique d'Alsace (1900), S. 401–426, 427–437, 506–527, 570–593, 654–671 und (1901), S. 120–124 · Chèvre, André: Cisterciens de Lucelle, in: Helvetia Sacra III/3, 290–311, bes. 307–308 · Ludwig, W. Theo: Bernardin Buchinger. Ein Zisterzienserabt. des 17. Jahrhunderts, in: Cistercienser Chronik 91 (1984), S. 39–73 · Dictionnaire des Auteurs Cisterciens Bd. 1, Rochefort 1975, S. 146 (Anselme Dimier) · Sitzmann, Édouard: Dictionnaire de biographie des hommes célèbres de l'Alsace. Rixheim: Sutter, 1909–1910 · Hirsch, Hans: Die Urkundenfälschungen des Abtes Bernardin Buchinger für die Zisterzienserklöster Lützel und Pairis. Ein Beitrag zur Geschichte der habsburgischen Rechte im Oberelsass, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 32 (1911), S. 1–187 · Hauréau, Barthélemy (Hg.): Gallia Christiana, Band 15. Paris, 1860, Sp. 586 · Sainte-Marthe, Denis de (Hg.): Gallia Christiana, Band 5. Paris, 1731, Sp. 758.

Normdaten:

GND: 132473348 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Buchinger, Bernardin, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 4.08.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Buchinger,_Bernardin

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